13.3.09

(Umwelt) Jetzt kommt die Preisrevolution

Die Energiebranche steht vor einer Sensation: Die Preise für Solaranlagen fallen drastisch, schon bald kann Ökostrom mit Kohle und Atom konkurrieren. Doch die Sonnenlobby rechnet ihre Erfolge klein - aus Angst vor einem Abbau der Subventionen.

Für die Energiewirtschaft bedeutet dies eine Revolution. Wozu braucht man noch Kohle und Atom, wenn Sonnenstrom genauso günstig ist - nur sehr viel sauberer? Möglich wird die Öko-Wende durch einen gigantischen Preisverfall: Kostete ein kristallines Solarmodul im Herbst 2008 noch 3,50 Euro pro Watt, waren es Ende des Jahres nur noch drei Euro. Mittlerweile liegt der Preis bei 2,60 Euro. Doch wer gut verhandelt, heißt es in der Branche, bekommt Module von namhaften Markenherstellern auch für 2,30 Euro - das sind 35 Prozent weniger als vor einem halben Jahr.

Für den Preissturz gibt es mehrere Gründe: Der deutsche Bundestag hat die staatlich garantierte Vergütung für Solarstrom deutlich gesenkt. Seit 1. Januar bekommen die Anlagenbetreiber laut Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nur noch 43 Cent je Kilowattstunde - acht Prozent weniger als im Vorjahr. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen die Hersteller ihre Preise anpassen.

Weltweit gibt es eine extreme Überproduktion von Solarmodulen. Das kalifornische Beratungsunternehmen iSuppli erwartet für 2009 ein Angebot von 11,1 Gigawatt - bei einer Nachfrage von gerade einmal 4,2 Gigawatt. Auf den deutschen Markt drängen vor allem chinesische Hersteller.

Technischer Fortschritt ermöglicht die Produktion effizienterer Module. Damit eine Solarzelle eine bestimmte Leistung erbringt, sind heute geringere Kosten nötig als noch vor wenigen Jahren. Massenproduktion senkt die Herstellungskosten. Früher werkelten Tüftler in kleinen Hinterhofgaragen, heute stammen die meisten Solarzellen aus Großfabriken. Und schliesslich gibt wieder genug Silizium. In den vergangenen Jahren hatten die Solarfirmen über massiven Rohstoffmangel geklagt und damit ihre hohen Preise gerechtfertigt. Mittlerweile wurden neue Siliziumfabriken errichtet - die Beschaffungspreise fallen.

Angeführt wird der Preiskrieg von chinesischen Herstellern wie Suntech Chart zeigen, Yingli oder Trina - allesamt angesehene Qualitätsanbieter. Auch Module der japanischen Konzerne Sharp Chart zeigen und Kyocera Chart zeigen sowie des deutschen Unternehmens Schott Solar sind nun viel preiswerter zu haben als vor wenigen Monaten. Selbst Branchenprimus Q-Cells senkt die Preise - sogar für bereits abgeschlossene Lieferverträge. Und der Verfall geht immer weiter. Die Berater von iSuppli erwarten bis Ende des Jahres einen Modulpreis unter zwei Euro pro Watt. Noch weiter geht Jesse Pichel, Analyst bei der Investmentbank Piper Jaffray & Co.: In naher Zukunft werde es ein Zwei-Dollar-Modul geben, sagt er voraus. Umgerechnet wären das gerade einmal 1,70 Euro pro Watt. Im kommenden Jahr könnte dann endgültig der Durchbruch gelingen. Denn der norwegische Solarkonzern REC will ab 2010 Module für einen Euro pro Watt produzieren - das wären gut 60 Prozent weniger als die heutigen Verkaufspreise.

Natürlich kommen noch Zubehör, die Montage und eine Gewinnmarge hinzu, so dass man im Ergebnis mit etwa 1,85 Euro pro Watt rechnen muss. Doch auch das sind gut 50 Prozent weniger als heute. Wenn man die Kostenreduktion auf den Strompreis überträgt, kommt dies einer Sensation gleich: Statt der geltenden 43 Cent pro Kilowattstunde würden 21 Cent ausreichen. Dies ist ziemlich genau der Preis von konventionellem Strom inklusive Netzgebühren, Steuern und Abgaben.
Mit anderen Worten: Solarstrom könnte innerhalb kürzester Zeit mit Steckdosenstrom konkurrieren. Experten sprechen von der sogenannten "Netzparität".

In der Ökobranche wird die Netzparität einen gigantischen Wachstumsboom auslösen: Weil es kostenmäßig keine Nachteile mehr gibt, werden Hausbesitzer massenweise Solaranlagen kaufen. Nachts und an bewölkten Tagen hat man immer noch die gute alte Steckdose - ansonsten aber kann sich jeder selbst versorgen.

Quelle: www.spiegel.de

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