26.11.05

(Medien) Konsumkritik mit Kick-Ass-Marketing

In Kanada weht ein anderer Wind. Seit Michael Moore in der Dokumentation "Bowling For Columbine" auf weltoffene und friedliche Kanadier stieß, ist diese Tatsache selbst den trägen Alteuropäern bekannt. Jenseits der nördlichen Grenze der USA ist in den letzten Jahren nicht nur ein Großteil der globalisierungskritischen Dokumentarfilme entstanden, auch die Adbusters Media Foundation operiert von hier aus in ihrem Kampf gegen Konsumwahn und die Ü-bermacht von Konzernen.

Die Adbusters bilden seit ihrer Gründung 1989 einen lauten und bunten Stamm innerhalb der sozialen Bewegungen des Informationszeitalters. Alle zwei Monate veröffentlichen die Pioniere unter den Medienaktivisten ein weltweit vertriebenes Magazin. Sie betreiben die Website www.adbusters.org und initiieren internationale Kampagnen wie die "TV Turnoff Week" und den "Buy Nothing Day" an dessen eintägigem Konsumverzicht sich jährlich über eine Millionen Menschen beteiligen. Das in Deutschland auch "Kaufnix-Tag" genannte Event findet an diesem Samstag zum zwölften Mal statt.

Vor allem aber sind die selbst ernannten "Guerilla-Semiotiker" für ihre konsumkritische Anti-Werbung bekannt. In einer ihrer Anzeigen werden die Sterne der amerikanischen Flagge durch Konzernlogos ersetzt, da die USA schon lange zur Marke verkommen seien. Ein anderer "Werbespott" zeigt das Kamel aus der Zigarettenwerbung als sterbenden Krebspatienten. Als "Demarketing" oder "Rebranding" bezeichnen die Adbusters diese gegenkulturellen Be-deutungsumkehrungen. Dabei nutzen sie die Allgegenwärtigkeit von Logos, um auf ihre ma-nipulative Vermarktung und prekäre Produktionsbedingungen aufmerksam zu machen. Quelle auszugsweise: www.spiegel.de

19.11.05

(Finanzen) Nichts Neues vom berühmtesten CH-Börsenorakel

Wieder einmal lässt sich Felix W. Zulauf vernehmen. Der Innerschweizer Börsenstar wurde bekannt durch seine Voraussagen der Debakel an den Weltbörsen in den Jahren 1987 und ab 2001. Hierzulande allerdings erfährt man seither kaum etwas von Zulaufs Gnaden. Denn seit Jahren verweigert er Schweizer Medien den Kontakt. Sie dürfen allenfalls einen seiner Partner zitieren, wie nun wieder im Zürcher Tages-Anzeiger geschehen (Akonto-Beilage vom 18.11.05).

Erneut prophezeit Zulauf ein Massaker an den Weltbörsen und erneut geschieht dies parallel zu den Äusserungen seines Comapagnons Daniel Köppel direkt im US-Anlegermagazin Barron’s. Denn dort nimmt Zulauf an einer halbjährlichen Diskussionsrunde teil, die die Börsenaussichten thematisiert. Und kommt - gemäss Tages-Anzeiger zitiert nach Barron’s... - zum Schluss: «Das Risiko eines potenziellen Massakers (an der Börse) wächst.»

Zulauf positioniert sich damit neben Marc Faber als zweiter Dauerwarner vor dem grossen Absturz und als zweiter Schweizer im Fach Doomprognosen. Doch kann man diese getrost vergessen, wenn man auf eine ganz einfache Börsenweisheit setzt: Nichts ist an den Börsen so sicher wie das Auf und Ab der Kurse. Viel präziser waren Zulauf und Faber bislang kaum. Im Gegensatz zu den beiden sei hier prophezeit, dass Europa sehr wohl noch eine Aufholphase vor sich hat. Dagegen ist der Einschätzung zuzustimmen, dass sich die US-Wirtschaft auf dünnem Eis bewegt und auch die Schweizer Werte unterdessen ein erhebliches Einbruchspotenzial aufweisen. In sechs bis zwölf Monaten also sei hier eine Überprüfung angekündigt und insbesondere die unterschiedliche Einschätzung zur Entwicklung in Europa seziert. Dass langfristig alle Kurse auch wieder einmal sinken werden, ist aber doch zu allgemein, als dass man solche Voraussagen zur Richtlinie eigener Investitionen machen sollte.

9.11.05

(Umwelt) China übernimmt Vorreiterrolle

Der deutsche Bundesumweltminister Jürgen Trittin hat die Ergebnisse der Internationalen Konferenz für erneuerbare Energien in Peking als "Meilenstein" für den weltweiten Ausbau der erneuerbaren Energien und für den globalen Klimaschutz gewertet. "Die Schlusserklärung von Peking unterstreicht die Verpflichtung der internationalen Gemeinschaft zu verstärkten Anstrengungen beim Ausbau erneuerbarer Energien", sagte Trittin zum Abschluss der zweitägigen Konferenz in der chinesischen Hauptstadt. Von Peking gehe zudem ein wichtiges Signal nach Montreal, wo Ende November der nächste Klimaschutzgipfel stattfindet. Peking hat gezeigt, dass erneuerbare Energien eine unmittelbar verfügbare Technologie zur Verringerung der Treibhausgasemissionen sind. Deshalb wird der Fortschritt beim weltweiten Ausbau der Erneuerbaren in Montreal ein wichtiges Thema sein", so Trittin.

Trittin hob die postive Rolle Chinas in diesem Prozess hervor. "China hat den politischen Willen, die weltweite Nutzung erneuerbarer Energien voranzubringen und gleichzeitig eine internationale Vorreiterrolle dabei zu übernehmen", sagte Trittin. Dies zeige sich nicht nur daran, dass China die Ausrichtung der Folgeveranstaltung zur "Renewables 2004" in Bonn übernommen habe, sondern auch an den ehrgeizigen Ausbauzielen, die sich das Land gesetzt habe.

Auf der "Beijing International Renewable Energy Conference" (BIREC) erhöhte der chinesische Vize-Energieminister nochmals die chinesischen Ausbauziele, die er im letzten Jahr bei der "Renewables"-Konferenz in Bonn verkündet hatte: Nunmehr plant China, bis zum Jahr 2020 seinen Anteil erneuerbarer Quellen am Gesamtenergieverbrauch auf 15 Prozent zu steigern. Allein die Windkraftkapazität soll bis 2020 auf 30 Gigawatt (GW) ausgebaut werden. Das wäre fast das Doppelte der derzeit in Deutschland installierten Kapazität. Hinzukommen sollen weitere 20 GW aus Bioenergie und 4 GW aus Solarenergie. Zusammen mit großen Wasserkraftanlagen will China bis 2020 insgesamt mehr 30 Prozent seines Stromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen erzeugen. Dies zeigt die enormen Wirtschaftspotenziale und Chancen gerade für die deutschen Unternehmen auf, die in diesem Markt weltweit führend sind.

Bei der BIREC wurde erstmals ein umfassender Überblick über den Stand der erneuerbaren Energien weltweit vorgestellt. Danach kommt gut ein Sechstel des weltweiten Primärenergieverbrauchs (17 Prozent) aus regenerativen Quellen. Diese verteilen sich auf sogenannte "neue Erneuerbare" (kleine Wasserkraft, Wind, Solar, Biomasse: 2 Prozent), große Wasserkraft (6 Prozent) sowie traditionelle Nutzung von Biomasse in Entwicklungsländern (9 Prozent).

Derzeit werden weltweit 160 GW Stromerzeugungskapazität aus erneuerbaren Energien (ohne große Wasserkraft) bereitgestellt. Das entspricht einem Anteil von 4 Prozent. Knapp die Hälfte davon befindet sich in Entwicklungsländern. Hinzu kommen 16 Prozent aus großen Wasserkraftanlagen. Die Technologien der neuen Erneuerbaren wachsen weltweit am rasantesten, davon Solarenergie mit einer Zuwachsrate von 60 Prozent pro Jahr seit 2000 sowie Windenergie mit knapp 30 Prozent Zuwachs in den letzten Jahren.

Die Investitionen für erneuerbare Energien steigen seit Jahren und erreichten 2004 weltweit mit 30 Milliarden US-Dollar einen neuen Höchststand. Gut 1,7 Millionen Menschen arbeiten in diesem Sektor, davon 900.000 bei der Produktion von Biotreibstoffen. Biotreibstoffe haben derzeit bereits einen Anteil von weltweit 3 Prozent am Treibstoffverbrauch. Weltmarktführer ist hier Brasilien mit einem Anteil von 44 Prozent des Gesamtverbrauchs an Ottokraftstoff. Weltweit haben 45 Länder besondere Politiken und Strategien für den Ausbau der Erneuerbaren einschließlich konkreten Ausbauzielen, darunter 10 Entwicklungsländer.
In der heute verabschiedeten "Pekinger Erklärung" wird von den Vereinten Nationen die Einrichtung eines Überprüfungsmechanismus" gefordert, um Klarheit über Fortschritte beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu schaffen. Die Erklärung unterstreicht die Notwendigkeit der internationalen Zusammenarbeit beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Sie fordert daher Regierungen, Wirtschaft und andere Akteure auf, ihre Anstrengungen in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Förderpolitik, Finanzierung und Entwicklung von Märkten national wie international zu verstärken. Quelle: Deutsches Bundesumweltministerium 2005

8.11.05

(Medien) ZeitungsleserInnen wandern ab

Die Tageszeitungen in den USA geraten zunehmend unter Druck. Immer zahlreicher wandern die Leser zu Online-Medien ab. Und besorgte Anleger melden bereits erste Bedenken an. Gemäss einem Bericht von Spiegel Online ging allein in den vergangenen sechs Monaten die Auflage der US-Blätter im Durchschnitt um 2,6 Prozent zurück. Die Zahl der verkauften Sonntagszeitungen fiel sogar um 3,1 Prozent.

Glimpflich kamen noch die Großen der Branche davon. "USA Today", die größte der US-Tageszeitungen verlor lediglich 0,6 Prozent, das "Wall Street Journal" kam mit einem Minus von 1,1 Prozent davon. Die "New York Times" konnte trotz der jüngsten Skandale um gefälschte Reportagen oder die parteiliche Berichterstattung von Starreporterin Judith Miller zum Irakkrieg sogar um 0,5 Prozent zulegen. Dagegen musste der "San Francisco Chronicle" einen Einbruch seiner Auflagenzahlen um satte 16,4 Prozent hinnehmen.

Damit setzt sich ein Trend fort, die die Auflagenwächter schon seit Jahren beobachten: vor allem jüngere Leser finden kaum noch Interesse an der Zeitungslektüre. Wer die neuesten Nachrichten erfahren will, schaut Kabelfernsehen oder er ruft das Internet auf. Schärfere Regeln für die Werbewirtschaft haben es überdies immer schwieriger gemacht, neue Abonnenten zu gewinnen. Der Rückgang der Auflage hat aber noch wesentlich weiter reichende Auswirkungen. Denn die Anzeigenpreise sind direkt an die Zahl der Leser gekoppelt. Entsprechend sinken auch hier die Einnahmen der Verlage. Hinzu kommt, dass die Preise für Papier und Druck in der jüngsten Vergangenheit überproportional gestiegen sind.

5.11.05

(Finanzen) Nicht nur Shanghai und Peking

Der angekündigte Augenschein in China hat bestätigt: Die Volkswirtschaft des wieder erwachenden Riesenreichs im fernen Osten ist kräftig am Aufholen. Und der Aufschwung ist, allen Problemen zum Trotz, breit abgestützt und erfasst das ganze Land, das nach Russland und Kanada auch flächenmässig das drittgrösste der Erde ist.

Stärker aber fällt zweifellos der Bevölkerungsreichtum und damit ein riesiger Markt ins Gewicht. 1,3 Milliarden Menschen besiedeln China, ein starker Trend zur Verstädterung und Bildung riesiger Ballungsgebiete ist unverkennbar. Zum Beispiel Kunming, die Hauptstadt der südlichsten Provinz Yunnan, einst Partnerstadt von Zürich beim Aufbau einer intakten Wasserversorgung. Heute bietet sich die auf rund 2000 Metern über Meer gelegene Metropole als blühendes Wirtschaftszentrum, dessen Skyline keinen Vergleich mit jeder europäischen Stadt zu scheuen braucht. Wohnhaft sind unterdessen über zwei Millionen Menschen in Kunming und erschlossen ist die Stadt nicht nur durch einen internationalen Flughafen – in diesem Fall allerdings noch auf bescheidenerem Niveau als derjenige Zürichs – sondern auch durch ein bereits bestehendes und noch auszubauendes dichtes Netz von Autobahnen.

Man mag über den Autoboom und die dazu gehörige Strasseninfrastruktur denken, was man will. Beide sind unverkennbar Merkmale des Wirtschaftsaufschwungs, der eben gerade auf der Forcierung der Infrastruktur beruht. Die riesigen Projekte haben sowohl unzählige Arbeitsplätze geschaffen wie auch die Voraussetzung beispielsweise für einen Tourismus, der im laufenden Jahr wieder neue Rekordmarken erreicht. Rund 90 Millionen Übernachtungen von Überseetouristen wurden in den ersten neun Monaten gezählt.Was wie in den meisten anderen Wirtschaftssektoren zweistellige Wachstumsraten bedeutet.

Eben hat sich Staatspräsident Hu Jintao auf einer Polittagung mit seinem Ziel durchgesetzt, auch in den kommenden zehn Jahren ein gesamtwirtschaftliches Wachstum von über sieben Prozent jährlich anzustreben. Bedeutend für den Finanzsektor: Trotz seiner manigfachen Probleme wird nun eine der vier grössten Banken bereits an der Börse gelistet. Man geht kaum fehl in der Annahme, dass das Regime den Bankensektor auf keinen Fall crashen lässt – damit stünde einfach zu viel auf dem Spiele. Mit anderen Worten: Wer sich über einen Anlagefonds, etwa den seit Jahren erfolgreichen der HSBC, an Chinas Wirtschaft beteiligen möchte, kann aufgrund fundamentaler wirtschaftlicher Veränderungen mindestens mit einer Verdoppelung seines Einsatzes in den kommenden zehn Jahren rechnen. Kurzfristige Einbrüche sind dabei nicht auszuschliessen – ich würde aber gar auf eine stärkere Wertvermehrung der chinesischen Börsen wetten!