13.9.07

(Finanzen) Finanzplatz Schweiz bläst zum Sturmangriff

Vor wenigen Jahren hatte es anders getönt. Da war von bevorstehender Redimensionierung gewaltigen Ausmasses die Rede. Jetzt wollen die Protagonisten des hiesigen Finanzplatzes bis Mitte des kommenden Jahrzehnts ein nicht unbescheidenes Wachstum stemmen. Sie stellen 20 bis 40 Prozent mehr Arbeitsplätze und eine entsprechende Zunahme des Steueraufkommens in Aussicht. Dass dies gerade jetzt erfolgt, ist gemäss Peter Gomez, dem Verwaltungsratspräsidenten der Schweizer Börse SWX, kein Zufall, vielmehr (erhoffte) Beeinflussung des kommenden Legislaturprogramms des Bundesrats. Während sich Fondsverbandspräsident Fischer gleichzeitig dagegen verwahrte, hier direkt Wahlkampf aus Sicht der Finanzbranche zu machen.

Damit der Finanzplatz seine Vision von einer «Top-3-Position unter den weltweiten Finanzplätzen» realisieren kann, braucht es von Seiten der Politik und Verwaltung passende «Regulationen», will heissen einfache, klare und nicht zu weit gehende Gesetze und Vorschriften. Will im Klartext auch heissen, keine politisch motivierte Rechtshilfe vorzusehen – und so der internationalen Vermögensverwaltung (Private Banking) Vorschub zu leisten. Bedeutet für die Lebensversicherungsbranche die Abschaffung der ihr schon lange als Stachel im Fleisch sitzenden Stempelsteuer und für die Hedge-Fonds-Branche Elimination hinderlicher Vorschriften.

Doch ebendiese hängt derzeit eher in den Seilen. Folgt man Branchenkennern, so ist die spätsommerliche Börsenkrise noch nicht ausgestanden. Die Zunft sei vielmehr angeschlagen oder «knocked out», wie es Frédéric Lebel, oberster Anlagechef der Privatbank Lombard Odier Darier Hentsch, an einer Präsentation letzte Woche in Zürich sagte. Zwar hätten die LODH-Fonds in den vergangenen Jahren ihre Rolle als Ausgleich zu extremen Marktausschlägen gut gespielt. Aber gerade im vergangenen Monat August mussten auch deren Hedge Funds deutliche Kursrückgänge hinnehmen, bei LODH wohl zwischen zwei bis fünf Prozent. Definitive Zahlen liegen aber noch nicht vor.

So kontrastieren die schönen Visionen der Finanzplatzvertreter und die aktuellen Realitäten. Da vermochte man sich an der aktuellen Präsentation des Masterplans zum Finanzplatz Schweiz nur in allgemeine Floskeln retten: Lieber spreche man von Klumpenchancen denn vom Klumpenrisiko eines wuchernden Finanzplatzes. Und zuvorderst stünden gar nicht die politischen Forderungen, sondern die Suche nach und die Ausbildung von jungen dynamischen Talenten. Um gleichzeitig einzugestehen, dass beispielsweise «viele Professoren an den Universitäten am ehesten ein Leuchtturm ihrerselbst seien», so etwa Gomez. Er war Professor an der HSG und muss es ja wissen. Dass in der Zukunftsvision des Finanzplatzes vor allem von den Chancen die Rede ist, mag man den Protagonisten nachsehen. Dass sie die wegzurationalisierenden oder auszulagernden Arbeitsplätze schlicht vergessen zu erwähnen, ist allerdings ein Rechnungsfehler, der Finanzmarktexperten schlecht ansteht, Professorentitel hin oder hier.

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