14.9.04

(Medien) Köppel und Hitler

Roger Köppel, einst Chefredaktor der Weltwoche und Exponent der neuen konservativen Welle in den Schweizer Medien, hat aus der Fer-ne nachgereicht. Unterdessen ist er Chef bei der Berliner Welt, serbelnder Tages-zeitung des Springer-Verlags. Von der Schweiz kann er trotzdem nicht lassen und beglückt die Leserschaft der Handelszeitung mit einer wöchentlichen Kolumne. Die ist in ihrer letzten Ausgabe dicke Post, der neue Hitlerfilm mit Bruno Ganz Anlass, über den Aufschwung Hitlers zu schwadronieren.

Der deutsche Diktator wurde nur möglich durch Lenin, der Nationalsozialismus nur durch den Sozialismus. So einfach ist das bei Köppel – und bleibt ohne erläuternde Ergänzung. Nun ist es eine Binsenwahrheit, dass geschichtliche Ereignisse immer auch ihre Vorgeschichte und ihre Begleitumstände haben. Mit der Beweisführung direkter Verstrickung wird aber es schwierig. Und im Falle der Deutung des Aufstiegs von Hitler absurd. Denn es gibt vor allem auch wichtige und weniger wichtige Gründe für politische Entwicklungen. Im Falle Hitlers waren das – ohne hier abschliessend Geschichte erklären zu wollen – die Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg mit den daran anknüpfenden Reparationszahlungen, die Weltwirtschaftskrise mit der gigantischen Arbeitslosigkeit sowie nicht zuletzt die hausgemachte innenpolitische Lähmung. Aber für Roger Köppel war es Lenin, der Hitler erst ermöglichte.

Köppel galt bislang als Intellektueller der rechten Szene. Zweifel sind nun erlaubt und auch die Handelszeitung gehört gerüffelt. Einen solchen Text unbesehen ins Blatt zu rücken, scheint sich nur durch die aufgeregte Reaktion der Leserschaft zu rechtfertigen. Politische Verantwortung hingegen ist nicht Sache der Redaktion der Wirtschaftszeitung. Und zum Schluss: Wie wäre es mit folgenden historischen Deutungen: Saddam Hussein wurde nur zum grausamen Schlächter durch Vater und Sohn Bush und Christoph Blocher verdankt seinen Aufstieg der Schweizer Wirtschaftselite.

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