Mikrofinanzierung ist derzeit der grosse Modeschlager der Finanzindustrie. Dabei ist die Idee uralt und gerade hierzulande wohl erprobt. Doch nun schwingen sich zweifelhafte Mitstreiter auf den fahrenden Zug. Früher waren es Kreditgenossenschaften, Raiffeisen- und lokale Sparkassen, die mit kleinen Krediten den Start in eine unternehmerische Tätigkeit ermöglichten. Dieser erhöhte Geldumlauf stand dem europäischen Kleinkapitalismus Pate und ermöglichte einen breiten Wirtschaftsaufschwung im vorletzten und letzten Jahrhundert.
Lange dauerte es, bis es dämmerte. Doch in der entwicklungspolitischen Diskussion der neunziger Jahre setzte sich die Erkenntnis durch, dass für den Süden nicht falsch sein konnte, was sich im Norden derart bewährt hatte. Am Anfang dieses Prozesses stand eine originäre Initiative aus eben diesem sogenannt unterentwickelten Süden. Mit der Grameenbank in Bangladesh wurde das auf Kleinkrediten beruhende selbständige Wirtschaften zum Vorbild vieler neuer Entwicklungsprojekte. Kredite hatte es zwar zuvor schon gegeben, aber nur zu horrenden Zinsen und selten in jenen Kleinbeträgen, die am Anfang einer selbständigen Tätigkeit stehen sollten, ohne den Kreditnehmer oder die Kreditnehmerin zu überfordern. Hier ist die weibliche Form wohl angebracht – das war und ist ein Merkmal des Kleinkreditwesens – vornehmlich Frauen sind die Zielgruppen. Sie gelten als effizienter im Umgang mit dem geliehenen Geld und lassen sich auch eher auf Teamprojekte ein.
Seit rund 30 Jahren ist die kirchlich basierte Oikocredit ist weltweit tätig und sehr erfolgreich mit einem Kreditvolumen von über 300 Millionen Franken. Unterdessen hat die grosse Finanzwelt entdeckt, dass mit einem derart wenn nicht das grosse Geld, so doch ein Geschäft zu machen ist. Kommerzielle Finanzinstitute sind im Nachziehen, wie etwa ResponsAbility, eine Finanzplattform, die so unterschiedliche Banken wie Credit Suisse, Raiffeisen und Alternative Bank Schweiz unterstützen. Und jetzt hat überflüssigerweise das Verlagshaus Ringier das Ganze entdeckt. Da die Wirtschaftszeitung Cash ihr 15-Jahr-Jubiläum feiert und unter anderem auch in Vietnam herausgegeben wird, sollen Ringiermitarbeiter und KundInnen Beiträge bereit stellen, die dann vietnamesischen KleinunternehmerInnen zur Verfügung stehen. So weit so gut, nur gibt es wie aufgezeigt bereits genügend entsprechende Initiativen. Sich einer solchen anzuschliessen, wäre vielleicht weniger publikumswirksam, was ja das Schweizer Boulevardverlagshaus anpeilt. Dafür wäre der Sache erheblich mehr gedient.
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