29.9.04

(Medien) Flucht nach vorne

Die Leserzahlen der Schweizer Wirtschaftspresse sehen schlecht aus, im Falle des bislang monatlich erschienenen Hochglanzmagazins Bilanz sogar sehr schlecht. Parallel zur Auflage hat das Heft in den letzten drei Jahren je gut einen Drittel verloren und stand damit noch ungünstiger da als andere Wirtschaftspublikationen, die wie Handelszeitung, Finanz und Wirtschaft oder Cash je wöchentlich erscheinen. Und jetzt soll es also die vierzehntägliche Erscheinungsweise richten. Ab 2005 wird Bilanz zweimal monatlich herauskommen, im gleichen Rhythmus wie der Beobachter, ebenfalls vom Mutterhaus Jean Frey Verlags AG herausgegeben.

Bilanz werde so für die Werbeindustrie besser planbar, liess Jean-Frey-Chef Filippo Leutenegger verlauten. Und das Konzept des Magazins laute künftig «Köpfe, Karriere, Kapital and how to spend it». Das ist mitnichten neu, hatte die Bilanz doch schon immer die Wirtschaftsgewaltigen in den Vordergrund gerückt, ja den personalisierten Wirtschaftsjournalismus vor 25 Jahren hierzulande erst so richtig eingeführt. Nur kann man sich fragen, ob die kleinräumige CH-Wirtschaft wirklich so viele prominente und fähige Köpfe hervorbringt, als dass die Bilanz in nunmehr doppelter Ladung solche Köpfe interessant und neu präsentieren kann.

Noch ist das Rennen um einen Platz an der Sonne der Schweizer Wirtschaftsberichterstattung nicht entschieden und sind die Erfolgsaussichten der doppelten Bilanz schwierig zu beurteilen. Aber all diese einschlägigen Publikationen zusammen werden dieses Jahrzehnt kaum in unabhängiger Form überstehen. Das dürftige Konzept der künftigen Bilanz lässt für diese selbst nicht allzu viel Gutes erhoffen. (P.S. Der Autor dieses Beitrags war von 2000 bis 2002 Redaktor der Bilanz, Leiter des Ressorts Geld und Kapital und Mitglied der Chefredaktion.)

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