17.7.05

(Medien)Die NZZ am Sonntag hat die Nase vorn

Auch der Sommerferienanfang bestätigt: Wer sonntags erbauliche und gleichzeitig ergiebige Zeitungslektüre sucht, findet sie zuallererst in der NZZ am Sonntag. Aktuell mit der überraschenden Ankündigung von Novartis, nun bald mit Forschungsprojekten im Riesenmarkt China tätig zu werden. Sodann mit bedenkenswerten Einsichten von Chefredaktor Felix Müller, der die Schweiz als gesellschaftspolitisch wahrhaft liberales Land porträtiert und neben anderem mit einem Pierre-Landolt-Interview. Der Spross der Sandoz-Dynastie hat sein erkleckliches Vermögen vor allem in die nachhaltige Wirtschaft, unter anderem den Biolandbau in Brasilien, investiert. Und zeigt einen Weg auf, wie eben mit nachhaltigem Wirtschaften auch Geld zu verdienen ist.

Demgegenüber blochert die Sonntagszeitung wieder einmal und bringt neben der Meldung über Abhörabsichten ein ausführliches Blocherinterview, mehrfach getoppt allerdings durch das Sonntagsgespräch mit Pippilotti Rist. Vom Sonntags-Blick ist die Meldung erneut stark steigender Krankenkassenprämien erwähnenswert, aber das kommt ja wie das Amen in der Kirche und hat trotz News- kaum Überraschungscharakter. So scheint sich heute im Beobachtungszeitraum der letzten beiden Monate die NZZaS publizistisch weit über die anderen beiden Sonntagsmedien zu erheben. Das war beispielsweise schon Mitte Juni so (12.6.) so, als ich eigentlich nur in dieser Zeitung Interessantes fand – vom drohenden SBB-Defizit bei mehr Aufwand und Kosten und gleich bleibenden Einnahmen, über die skandalöse Herztransplantation in Zürichs Unispital vor einem Jahr und der Drohung der Kantone, das dreistündige Turnprogramm an den Schulen zu kippen. Und die Hintergrundinfos hatten, lockerer geschrieben zwar, aber dennoch echtes NZZ-Niveau, beispielsweise zu den sozialen Unruhen in Lateinamerika und zur Entschuldung der ärmsten Staaten der Welt.

Dem konnte die Sonntagszeitung damals gerade mal Mörgelis neueste Sörgeli entgegen setzen – nämlich Bundesrat Schmid bei der nächsten Wahl aus dem Amt zu kippen. Das allerdings ist reichlich weit weg und auch spekulativ und dürfte nach Mörgelis ramponierter Glaubwürdigkeit kaum mehr interessieren. Und der Sonntags-Blick lancierte die neue SP-Erbschaftssteuer zur Finanzierung der Pflegeversicherung, interessant zwar, aber just die Wiedergabe der SP-Aktualität vom Samstag, womit sich der Sobli wieder mal elegant instrumentalisieren liess. Als Aufmacher war da dann noch DJ Bobos Frau, die bei seinen Auftritten doch nicht original singt. Danke für die Information!

Bemerkenswert sonst noch in den vergangenen Wochen: Die Sonntagszeitung rückte China touristisch eindrücklich in den Vordergrund – mit der selbst schon be-suchten Tropeninsel Hainan, die damit erstmals hierzulande thematisiert wurde. China war auch sonst einer der Knüller, zu den Investmentmöglichkeiten hier die NZZaS allerdings eher enttäuschend. Und so verstärkt sich der Eindruck, dass die NZZaS vor allem im Ausland- und Wirtschaftsteil ihre Stärken hat – wobei letzterer sich angenehm abhebt vom Tageszeitungswirtschaftsteil dank Lesbarkeit und populärere Themenwahl. Die Sonntagszeitung mag gelegentlich im Inlandteil hervorstechen, am 10.7. etwa durch die Meldung über die künftige Pflicht für AutolenkerInnen, ihr Wissen und Können regelmässig aufzufrischen. Auch mag dort die Beratung Finanzinteressierter hervorstechen. Anzufügen ist dem allen nur noch, dass die üblichen Wochenzeitungen wie Weltwoche, Facts, Cash in dieser ganzen Zeit kaum mehr Erhellendes beizutragen vermochten.

Keine Kommentare: