4.12.04

(Umwelt) Bhopal nicht vergessen

«Es war einer der größten Chemieunfälle der Weltgeschichte: Vor genau 20 Jahren breitete sich nach einer Explosion in einer Pflanzengift-Fabrik eine riesige Gaswolke über der indischen Großstadt Bhopal aus.» So beginnt die eindrückliche Zusammenfassung des Ereignisses auf www.spiegel.de. Und ähnlich tönen all die Berichte, die derzeit an die Tragödie von Bhopal erinnern.

Seltsam – wo sonst Medienmacht in den vergangenen Jahren viel bewirkt hat, blieb ihre Wirkung bei der Katastrophe in Indien weitgehend aus. Seveso und Schweizerhalle bei Basel sind Mahnmal für die Schweizer Chemie, Tschernobyl hat der Atomkraft den Saft genommen. Doch Bhopal verhallte weitgehend ungehört, obwohl vor allem indische AktivistInnen nach wie vor für eine Aufarbeitung und weiter gehende Entschädigung kämpfen..

Dow Chemical übernahm den Verursacher des Unglücks, Union Carbide, 2001. Während aber ABB heute an den Folgen einer umweltbelasteten Übernahme leidet (Asbestfolgen und Schadenersatzprozesse in den USA), hat DC vorerst den Kopf aus der Schlinge gezogen. Mit der früheren Zahlung von 470 Millionen Dollar soll Union Carbide ihre Schuldigkeit getan haben. Und was macht DC heute sonst noch? Auf der Website (www.dow.com) steht dazu:

«Dow is committed to operating in a legal and ethically responsible manner. The Ethics and Compliance program at Dow provides a framework that supports Dow's Values, which provide the operational foundation for how we conduct our business around the world. Further detail on our policies and practices can be found at our Ethics web site.» Hohe ethische Prinzipien sollen es also sein, die das Handeln des Konzerns bestimmen. Rund um die Uhr bietet der Konzern einen heissen Draht für ethische Fragen an. Bleibt zu hoffen, dass er nicht nur in diesen Tagen intensiv genutzt wird.

Das Ganze ereignete sich in Indien. Und Globalisierung hin oder her: Was in einem der bevölkerungsreichsten Länder der Welt geschieht, ist weit weg von uns, betrifft angesichts des auch sonst dort vorherrschenden Elends kaum und lässt nicht zuletzt die wirtschaftlich Verantwortlichen kalt. Auch bietet sich das Chemieunternehmen Dow Chemical weniger für KonsumentInnenboykotte an, denn mit der Produktion von Zwischenprodukten bleibt die Firma weitgehend unfassbar. Das Gefasel von Reputation Management erleidet in diesem Fall zumindest Schiffbruch. Je länger sich Dow Chemical der Verantwortung verweigert, um so mehr droht dem Konzern aber dereinst eine unkontrollierbare Imageimplosion, mit ähnlich verheerenden Folgen wie die Katastrophe von Bhopal selbst.

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