30.9.06

(Medien) Buchvernissage in der Finanz- und Medienwerkstatt

Der Basler Wirtschaftsjournalist Pierre Weill war so nett und hielt folgende Rede an der Vernisssage zum Ratgeber «Richtig Vorsorgen». Hier der Text für Alle, die nicht dabei sein konnten:

Wir leben in einer Informationsgesellschaft. Doch ist dies wirklich der Fall? Oder bezieht sich dieses Schlagwort nicht in erster Linie auf die Möglichkeiten der Informations-Übermittlung? Zeitungen, Zeitschriften, Radio, Fernsehen, Internet und Handies stellen sicher, dass wir immer und überall Informationen abrufen können. Doch wie ist es mit den Inhalten?

Welche Relevanz haben die Informationen, die wir überall und jederzeit abrufen können? Wir Journalisten haben, wie die meisten andren tendenziell den Hang zur Trägheit. Für unsere Arbeit heisst dies, dass wir vor allem News und Artikel aufnehmen, die leicht zu erhalten sind. Nachrichten, die auf der Hand liegen, sind aber nicht immer die, welche auch relevant sind. Unsere Quellen sind Nachrichtenagenturen, die nahezu ausschliesslich offizielle und öffentliche Veranstaltungen und Communiqués abdecken. Zudem werden wir selbst an zahllose Veranstaltungen und Medienkonferenzen eingeladen. Die Mehrzahl der Informationsveranstaltungen kommt von Regierungsstellen, Ämtern, Verbänden und Unternehmen. Deshalb beruht auch ein Grossteil der verbreiteten Information auf diesen Quellen. Die Veranstalter von Medienkonferenzen rufen jedoch kaum je Medien herbei, um zu enthüllen, wo sie was falsch gemacht haben. Vielmehr wollen sie sich gut verkaufen. Die Journalisten verifizieren wegen des Hangs zur Trägheit, aber auch vor allem wegen des Zeitdrucks und fehlender Kapazitäten das Gesagte zu selten in genügendem Masse.

Dazu kommen Tipps, die wir von Betroffenen erhalten. Sie sind oft die Quellen für so genannte Scoops oder Primeurs. Dabei muss man aber wissen, dass man immer auch instrumentalisiert wird, weil der Tippgeber eine eigene Agenda verfolgt. Dabei sucht er oder sie ein Medium, das besonders starke Beachtung findet. In den vergangenen Jahren hat sich die Sonntagspresse zum optimalen Medium für derartige Primeurs entwickelt, denn die Sonntagszeitungen sind nationale Zeitungen. Dazu kommt, dass am Wochenende sehr oft wenig los ist, die Redaktionen also Informationen aufnehmen und auf die Frontpage setzen, die an einem Wochentag je nach Newslage kaum beachtet würden. Sehr oft sind diese Scoops allerdings nicht von grosser Relevanz für die Leserinnen und Leser oder für die Gesellschaft als ganzes.

News und Ereignisse, die wir in unserem Umfeld erfahren, sind dagegen oft wenig spektakulär, aber relevant, weil sie die Mitmenschen direkt betreffen. Oft sind die Themen sehr komplex. Für die immer komplizierteren Themen, wie Pensionskassen, Krankenversicherungen etc., die aber für die Bevölkerung von grosser Bedeutung sind, laden viele Medien Fachleute ein, sich zu diesen Fragen zu äussern. Zwar werden sie als Fach- und Verbandsleute deklariert, doch kann dies nicht die Lösung sein, komplexe Themen aufzuarbeiten. Schliesslich gehört es zur Kernkompetenz der journalistischen Arbeit, derartige Themen lesegerecht darstellen zu können.

Genau dies macht Guntram Rehsche gemeinsam mit seinen Co-Autoren im Buch «Richtig vorsorgen». Er schildert in verständlicher Form, was Arbeitende machen müssen und können, damit sie ihre Pensionierung finanziell möglichst optimal geniessen könnnen. Ich habe das Buch mit grossem Interesse und Neugier gelesen und viel erfahren und gelernt. Journalismus ist eben auch dies – Erklärung von und Beratung in Dingen, die das Leben der Leserinnen und Leser nachhaltig beeinflussen. Von Pierre Weill.

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